2006-12-19 - 10. Leipziger Medizinerkonzert - Jubiläumskonzert

Zum 10. Mal ein Medizinerkonzert! Eine Einrichtung, die in Leipzig inzwischen zur Tradition geworden ist und ihre eigene kleine Geschichte hinter sich hat. Zum Jubiläum hatten sich die Organisatoren etwas Besonderes ausgedacht: Nicht nur die Mitwirkenden waren (wie sonst auch) Studenten und Dozenten der Medizin; diesmal waren auch die meisten der aufgeführten Komponisten gleichzeitig Mediziner. Idealtypisch dargestellt durch Dr. Werner Bockelmann, seines Zeichens Augenarzt aus Frankfurt, der neben seinem Beruf unter deem Pseudonym Jan Bochanski komponiert und dabei oft auf den Spuren Chopins und Skrjabins wandelt. An diesem Abend war ein Stück von ihm zu hören, das in besonderem Maße in den Rahmen des Medizinerkonzerts passte: Die "Leipziger Polonaise"; uraufgeführt im Jahre 1990 an genau derselben Stelle, nämlich der Alten Handelsbörse. Pianistin der Uraufführung war damals Prof. Mitsuyu, die ebenfalls in der Welt der Medizin und in der der Musik zu Hause ist - denn nach abgeschlossenem Medizinstudium und Facharztausbildung begann sie ein Musikstudium und lehrt heute an der Hochschule für Musik in Leipzig. Nun also eine erneute Aufführung des Stücks; der Komponist war selbst zugegen und auch Prof. Mitsuyu war gekommen - als Zuhörerin. Aufgeführt wurde das Stück von Jeanette Förster, Studentin im 3. Studienjahr, die die schwierigen technischen Passagen mit Bravour meisterte. Tosende Beifallsstürme für Komponist und Pianistin zeugten von der Begeisterung des Publikums für das, was sicherlich als einer der Höhepunkte aller bisherigen Medizinerkonzerte überhaupt gelten darf.
Abgesehen davon gab es an diesem Abend noch eine Menge anderer Glanzlichter zu bewundern: Die Medizinstudentin und Mezzosopranistin Yvonne Schaffrin sang ein modernes Werk: "Le voile" des zeitgenössischen Komponisten Jean-Luc Darbellay, der hauptberuflich ebenfalls Mediziner ist und eine Allgemeinarztpraxis in Bern betreibt. Begleitet wurde sie dabei von der interessanten Instrumentenkombination Flöte, Klarinette und Bassklarinette. Von Alexander Borodin - ebenfalls eine Persönlichkeit, die in der Welt der Musik und der Medizin zu Hause war - gab es eine Sérénade für Klavier solo zu hören. Für große Begeisterung sorgte wieder einmal Albrecht Böhlig. Seit Beginn seines Medizinstudiums hat er regelmäßige Auftritte beim Medizinerkonzert - teils mit fremden, oft aber auch mit eigenen Kompositionen. Diesmal musizierte er wieder mit Torsten Glas zusammen (der hauptberuflich Zahnarzt ist). Es erklang dabei unter anderem sein Stück "Spanische Tänzerin", bei dem feurige Rhythmik mit atemberaubenden Harmonien verwachsen sind. Das Ganze in einer mitreißenden Interpretation... War dies wirklich noch "Laien"musik, mag sich manch ein Besucher gefragt haben. Einen weiteren Höhepunkt der ganz besonderen Art lieferte Johanna Kuhnt, der etwas einzigartiges gelungen war: Sie hatte ihre komplette Seminargruppe musikalisch zusammenbringen können und dafür eigens zwei Stücke umgeschrieben. Seminargruppen-Mitglieder, die nicht "von Haus aus" ein Instrument spielten, waren dabei von ihr mit Schlag- und Rhythmus-Instrumenten der verschiedensten Art versorgt worden. Ein englisches Weihnachtslied sowie "The Syncopated Clock" (das wohl einzige Stück der Musikgeschichte mit Wecker) sorgten für heitere Stimmung und großes Erstaunen über die erfolgreiche Durchführung eines solchen Projekts. Sehr mitreißend war die Darbietung von 9 Cellisten, die im Stile von "Apocalyptica" das Stück "Harmageddon" aufführten. Hier stimmte auch die Optik - barfuß, schwarz geschminkt und mit der entsprechenden Bekleidung sorgten die Musiker für die passende Stimmung zum Stück. Die Band "Kadenza" schließlich ließ den Abend jazzig ausklingen. Am Ende war so manch Zuhörer erstaunt über die vielfältigen Verbindungen von Musik und Medizin. Nachdem noch ein Zitat des Arztes und Musikers Theodor Billroth vorgelesen worden war, das sehr eindrücklich die Motivation vieler Mitwirkenden für ein solches Unterfangen wie das Medizinerkonzert darstellte, gab der Medizinerchor unter Leitung von Tillmann Wallborn den Zuhörern noch eine ruhige Zugabe mit auf den Weg nach Hause.

Christian Girbardt